Programmdetails
Kollbrunner, Dr. Jürg
Inselspital, HNO-Klinik, Abt. Phoniatrie, CH-Bern
Psychosomatik in der Sprachheilpädagogik: Die Notwendigkeit tiefenpsychologischer Kenntnisse und Fertigkeiten in Diagnostik und Therapie (Vortrag)
Alle, die im Bereich der Sprachheilpädagogik arbeiten, wissen es aus eigener Erfahrung: Hinter Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen stehen häufig individuelle und familiäre Nöte, welche teilweise ursächlich mit diesen Störungen verbunden sind. Meist sind es Ängste oder Hemmungen im Ausdruck von Gefühlen und Bedürfnissen, aus welchen eine Scheu vor Auseinandersetzung in sozialen Konflikten entstehen kann. Sprachheilpädagoginnen, welche diesen Hintergründen zu wenig Beachtung schenken, laufen Gefahr, sich in Übungstherapien zu verlieren: Ihr Erfolg bei der "Korrektur" von Symptomen und dem Training von Fertigkeiten bringt den Patienten zwar Erleichterung im sozialen Alltag, aber wenig Unterstützung zur Lockerung der emotionalen Knoten, welche ihr Symptom mit verursacht haben.
Sprachheilpädagoginnen, welche gezielt auf die psychosozialen Hintergründe der Symptome ihrer Patienten eingehen, laufen hingegen Gefahr, sich in einer Art psychotherapeutischer Tätigkeit zu verlieren und damit ihre fachliche Kompetenz zu überschreiten. Die tiefenpsychologisch orientierte Psychosomatik zeigt Wege auf, wie man es lernen kann, sich in dem breiten Überschneidungsgebiet von Sprachheilpädagogik und Psychotherapie kompetent zu bewegen, so dass beide - Symptome und psychosoziale Ursachen - einer Veränderung zugänglich werden.